Am 02. Dezember organisierten wir gemeinsam mit einer Gruppe geflüchteter Aktivist*innen eine Fachtagung mit dem Titel „Transforming Willkommenskultur – Refugees’ Standpoints on Solidarity, Activisms and Representation“ (s. hier für Einladung und Programm). Ziel der Veranstaltung war es, die Vernetzung zwischen verschiedenen Gruppen von Migrant*innen, Geflüchteten und lokalen Willkommensinitiativen zu fördern und zu stärken, sowie einen Austausch über Strategien zur Verbesserung der Lebensqualität von Geflüchteten und Migrant*innen in Deutschland und eine gemeinsame Kritik an der aktuellen europäischen Migrationspolitik zu ermöglichen.
Das zentrale Anliegen der Fachtagung bestand darin, die Perspektiven und Vorschläge von geflüchteten Menschen in den Vordergrund zu stellen, um nicht über oder für Geflüchtete zu sprechen, sondern gemeinsam mit ihnen und einem Publikum aus Politiker*innen, Ehrenamtlichen, Aktivist*innen und Interessierten zu diskutieren, sowie konkrete politische Forderungen bzw. Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen zu formulieren. Dazu luden wir acht Aktivist*innen mit Fluchterfahrung als Referent*innen ein, die sich in unterschiedlichen Initiativen und Selbstorganisationen für die Rechte von Geflüchteten einsetzen (Refugee Movement, My Right is your Right, Jugendliche ohne Grenzen, Women in Exile and Friends e.V., Bündnis gegen Lager, Afrique-Europe Interact, International Women’s Space). Wichtig war uns bei der Auswahl der Referent*innen und Workshopleitenden auch ein hoher Anteil geflüchteter Frauen*, deren Sichtbarkeit im öffentlichen Diskurs sehr gering ist. Weitere geflüchtete Frauen nahmen als Zuhörerinnen und Diskutantinnen an der Tagung und den Workshops teil.
Die Fachtagung begann mit einer Vorstellungsrunde und einer Podiumsdiskussion, in der die jeweiligen Vorstellungen von Solidarität, Erfahrungen mit politischer Arbeit in Deutschland und erste Forderungen der unterschiedlichen Initiativen ausgetauscht wurden. Nach einem gemeinsamen Mittagessen verteilten sich die Anwesenden auf vier Workshop-Arbeitsgruppen, in denen unterschiedliche Aspekte in Vorträgen und anschließenden Gruppendiskussionen vertieft wurden: 1. Kämpfe der Migration und sozialpolitische Bewegungen der Geflüchteten, 2. Kunst und Kultur als politische und soziale Forderung, 3. Von persönlichen Problemen zu politischen Forderungen – Flüchtlingsfrauen* werden laut, 4. „No entry“-Experience – Der europäische Wiederspruch: Migrations- und Asylpolitik vs. Menschenrechte.
Abschließend trafen die Workshopleitenden erneut im Plenum zu einer Vorstellung der Ergebnisse zusammen. Dabei wurde deutlich, wie viel wichtige politische Arbeit bereits von Geflüchteten geleistet wurde und wird, es wurden jedoch auch die strukturell schwierigen Bedingungen für die politische Arbeit Geflüchteter beleuchtet. Diese sind zwar grundsätzlich prekär, jedoch stellt die zunehmend restriktive Asylpolitik in Deutschland und ganz Europa noch einmal eine besondere Herausforderung dar. Gerade unter diesen Umständen sind eine stärkere Vernetzung und Bündelung der Kräfte dringend nötig, sowie ein Diskurswandel weg von Geflüchteten als hilflose und apolitische Empfänger*innen karitativer Unterstützungsleistungen, hin zu einer Anerkennung der Geflüchteten als politische Subjekte mit Handlungs- und Gestaltungsmacht, die selbstbestimmt persönliche und politische Ziele verfolgen. Zu dieser Vernetzung und Verschiebung des Diskurses hat die Fachtagung einen kleinen Beitrag geleistet.